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Nacht

Ein paar Infos zu Themen wie Milchstrassen-Fotos, Langzeitbelichtungen, Lightpainting, Startrails etc.

Milchstrasse fotografieren

Wie macht man Bilder von der Milchstrasse? Einfach mit der Handy-Knipse freihand draufhalten führt sicherlich nicht zum Erfolg. Was gilt es also zu berücksichtigen? Das Wichtigste ist : es muß dunkel sein. Also richtig dunkel. Das bedeutet erstens weg von künstlichen Lichtquellen, also raus aus der Stadt und möglichst in eine ländliche Gegend fahren. Um dunkle Orte zu finden gibt es verschiedene Apps oder Karten im Internet, welche die „Lichtverschmutzung“ anzeigen (LightPollutionMap). Zweitens sollte kein Mond am Himmel stehen. Ideal ist die Zeit um den Neumond, aber man kann auch Erfolge haben, wenn der Mond in der Nacht noch nicht auf- oder schon wieder untergegangen ist. Drittens bedarf es einer sternenklaren Nacht, also ohne Wolken und ohne Nebel oder diesige Atmosphäre. Um das zu planen verwende ich zum einen Wetter-Apps auf dem Handy, welche mir Satelitenbilder anzeigen können, womit man recht gut schätzen kann, ob es sich überhaupt lohnt in der Nacht vor die Tür zu gehen. Des Weiteren nutze ich die App „Photo-Pills“, mit der man sehr gut sehen kann, zu welcher Zeit und wo die Milchstrasse wann zu sehen ist. In der App sieht man ausserdem den Verlauf von Sonne und Mond sowie viele Zusatzinfos. Bevor ich also fotografieren gehe weiß ich wann und wo die Milchstrasse steht und wie hoch das galaktische Zentrum (der helle Teil der Milchstrasse) über dem Horizont erscheint. Seitens der Kamera sollte man Folgendes beachten : Das Objektiv sollte offenblendig sehr lichtstark sein, am besten f2,8 oder kleiner. Falls keine automatische Kamera-Nachführung genutzt wird sollte es sich um ein Weitwinkel-Objektiv handeln, am besten zwischen 16mm und 24mm Brennweite, auf Vollformat bezogen. Da sich die Sterne am Himmel bewegen bekommt man bei den nötigen langen Belichtungszeiten mit einem Weitwinkel weniger Lichtspuren. Je höher die Brennweite des Objektivs ist, desto kürzer kann ich belichten, ohne die Sterne als Striche abzubilden. Die Kamera sollte mindestens das APS-C Sensorformat bieten, besser Vollformat. Das reduziert das Bildrauschen bei hohen ISO-Werten. Außerdem ist ein stabiles Stativ unabdingbar. Ich nutze derzeit eine EOS M50/M6mkII mit dem Objektiv Samyang 12mm f2,0 für die Milchstrassen-Fotografie. Die Aufnahme: Die Kamera muß ruhig stehen und in den voll manuellen Modus gebracht werden. Bei Canon der Modus „M“. Da die meisten Objektive bei „unendlich“-Einstellung eben über dieses „unendlich“ hinaus gehen, sollte man manuell fokussieren. Also Autofokus ausschalten und auf manuell setzen. Dann ein weit entferntes Objekt suchen (Lichter am Horizont oder ein heller Stern) und über die Lupenfunktion des Kamera-Displays auf diesen scharf stellen. Den Weißabgleich der Kamera festlegen, z.B. „Tageslicht“ und wenn möglich unbedingt in „RAW“ fotografieren. Der Dynamikumfang, also die Spanne zwischen dunkelsten und hellsten Bildbereichen, ist in RAW-Bildern deutlich größer als beim Fotografieren im JPG-Format. Das erlaubt bei der Nachbearbeitung der Bilder ein besseres Aufhellen der dunklen Bildbereiche. Als erster Versuch eignet sich zum Beispiel folgende Einstellung der Belichtung : ISO=3200 , Blende 2,8 oder kleiner, Belichtungszeit 20 Sekunden. Nach einem ersten Test kann man die Werte entsprechend korregieren. Nun mache ich um die zehn Bilder des gleichen Ausschnitts bei identischer Kamera-Einstellung. Danach setze ich den Objektivdeckel vor das Objektiv und mache mit den gleichen Einstellungen etwa 6 Bilder, die komplett schwarz werden. Mit den 16 Aufnahmen geht es dann an die Nachbearbeitung am PC. Ich nutze das kostenlose PC-Tool „Sequator“. Diese Software legt nun die 10 Bilder übereinander und verrechnet diese um das Bildrauschen zu reduzieren und ggf. störende Flugzeuge aus dem Bild zu rechnen. Die 6 schwarzen Aufnahmen (=“Darkframes“) verrechnet die Software mit den 10 Bildern um ein mögliches Sensorrauschen oder Hot-Pixel (defekte Sensor-Pixel, die bei schwazem Bild als helle Punkte erscheinen) aus dem Bild zu rechnen. Dieses aus Sequator entstandene Bild mit sehr viel weniger Bildrauschen wird dann in Photoshop weiter nachbearbeitet.
Einzelbild: In der Bildmitte fliegt die ISS- Raumstation durchs Bild und zeichnet einen hellen Strich. 18.09.2020 , 21:00 Uhr (ISO 1250 , f2.2 , 20 Sekunden)

Startrails

Bei den Startrails oder auch Spuren von Sternen werden die Sterne nicht als Punkte sondern als Linien dargestellt. Dazu macht man mehrere Aufnahmen des gleichen Bildausschnitts hintereinander und verrechnet diese Bilder am Computer zu einem einzigen Bild, auf dem die Sterne als Lichtspuren dargestellt werden. Da sich die Sterne grob gesagt um den Polarstern drehen entsteht je nach Blickrichtung und ggf. Objektivverzeichnung eine unterschiedliche Linienführung der Sterne im finalen Bild. Einige Kameras besitzen auch eine interne Funktion, um solche Bilder zu erstellen. Allerdings hat man am Rechner sehr viel mehr Möglichkeiten in den Entwicklungsprozess einzugreifen. Kostenlose Tools sind zum Beispiel „Sequator“ oder „Startrails.exe“. Das Beispielbild rechts ist nicht ideal dafür geeignet, da die doch recht helle Milchstrasse in der Bildmitte stört.
Startrails - Endbild Sternenspuren und Flugzeuge 35 Aufnahmen je 20 Sekunden = 11 Minuten, 40 Sekunden

Lightpainting - mit Licht malen

Beim Lightpainting wird mit künstlichen Lichtquellen quasi direkt in die Foto-Aufnahme gemalt. Dazu kann man sich diverse Hilsmittel kaufen oder auch kostengünstig selbst bauen. Es kommen zum Beispiel Taschenlampen, Wunderkerzen, LED-Bänder, Acryl-Blades oder Ähnliches zum Einsatz. Lightpainting findet meist in dunkler Umgebung statt. Für die Aufnahme wird die Kamera in den manuellen Modus versetzt : manueller Fokus, manueller Weissabgleich, manuelle Blende (z.B. f=8), manueller ISO (z.B. ISO=100) und die Belichtungszeit entweder auf z.B. 30 Sekunden fest eingestellt oder mittels Fernauslöser im „Bulb“- Modus betrieben. Bei den Werten muß man je nach Lokation und gewünschtem Effekt etwas rumprobieren. Wechselt man während der Aufnahme die Mal-Utensilien oder die Position im Bild sollte eine weitere Person das Objektiv während des Wechsels abdecken um unschöne Spuren im Foto zu vermeiden. Sehr populäre Formen sind zum Beispiel sogenannte „Lightdomes“. Bei dem oberen Bild wurde Stahlwolle in einem Schneebesen angezündet und an einer Schnur geschleudert. Um die Person besser zu erkennen stand ein Blitzgerät bei der Kamera, welches zum Ende der Aufnahme ausgelöst hat. Der Schneemann im Bild unten wurde mit einer Wunderkerze nachgezeichnet.
ISO100, f=11, 16 sec
ISO 200, f=9, 4sec, Blitz

HDR-Aufnahmen (HighDynamicRange)

HDR-Bilder bezeichnen Bilder mit einem sehr hohen Dynamikumfang. Wenn es im Bild starke Kontraste zwischen den hellsten und dunkelsten Bildbereichen gibt, so kann die Kamera diesen Dynamikumfang nur begrenzt aufzeichnen. Entweder sind die hellen Stellen im Bild ausgebrannt (keine Zeichnung mehr vorhanden) oder die dunklen Bereiche „saufen ab“. Die Kamera kann entweder die hellen oder die dunklen Stellen im Bild korrekt belichten, insbesondere bei Fotos im jpg-Format, das RAW-Format bietet da deutlich mehr Reserven. Dieses Problem findet man zum Beispiel bei der Landschaftsfotografie wenn der Himmel im Bild sehr hell ist oder bei Aufnahmen in der Nacht mit künstlichen Lichtquellen. In der Landschaftsfotografie kann man dem ggf. noch durch einen Verlaufsfilter entgegen wirken, welcher bloß die obere Bildhälfte abdunkelt. Bei Aufnahmen z.B. nachts in der Stadt geht das nicht. Da kann man sich der HDR-Technik bedienen. Dazu werden von ein und dem selben Bildausschnitt drei Fotos unterschiedlicher Belichtung gemacht, eine Belichtungsreihe, vorzugsweise vom Stativ aus. Das eine Bild ist „korrekt“ belichtet, so wie es die Kamera vorschlägt. Diese Aufnahme gibt die mittleren Helligkeiten im Bild wieder. Dann wird noch ein Bild z.B. um zwei Blendenstufen unterbelichtet (für die Details in den Lichtern) und eins um zwei Stufen überbelichtet, um die dunklen oder Schattenbereiche korrekt abzubilden. Diese drei Aufnahmen werden dann in Photoshop, Lightroom oder einer anderen Software am Rechner zu einem einzigen Bild mit sehr hohem Dynamikumfang verrechnet, welches die Lichter und auch die Schatten einigermaßen korekt darstellt, wobei der Monitor nicht das gesamte Spektrum anzeigen kann und somit die limitierende Größe ist. Ein Beispiel :
unterbelichtet für helle Bereiche
normal belichtet (+/- 0EV)
überbelichtet für Schatten
HDR, Zeichnung in Wolken und Schatten